23. August 2019

Auch in der dunkelsten Stunde: Jemenitische Frauen kämpfen für ihre Heimat

Die Lage im Jemen gilt als “schlimmste humanitäre Krise der Gegenwart”. Den Kampfhandlungen sind schon mehr als 10.000 Menschen zum Opfer gefallen, zwei Millionen wurden gewaltsam vertrieben. Bomben und Kugeln sind aber nur ein kleiner Teil des Schreckens.

Denn der Jemen war schon lange eines der ärmsten Länder der Erde. Der Krieg tut nun das Übrige: Die Infrastruktur ist größtenteils zerstört und viele Jemenit*innen haben noch nicht einmal mehr Zugang zu sauberem Wasser. Drei Viertel der 24 Millionen Einwohner*innen sind unterernährt, mindestens 10 Millionen drohen zu verhungern. Zudem haben sich auch noch ca. 400.000 mit der Cholera infiziert. Und wie immer trifft es die Schwächsten am Härtesten: Etwa 80% der Kinder benötigen sofortige Hilfe.

Vom arabischen Frühling in den Würgegriff der Großmächte

Eigentlich begann alles hoffnungsvoll. 2011 zwang die Demokratiebewegung des arabischen Frühlings den jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Salih nach 34 Amtsjahren zum Rücktritt. Sein Nachfolger Abd Rabbih Mansour Hadi sollte eigentlich für Reformen sorgen, doch ihm entglitt die Kontrolle über das Land. Schließlich gelang es der schiitischen Huthi-Miliz den Norden des Landes, der an Saudi-Arabien grenzt, unter ihre Kontrolle zu bringen.

Darin sieht das saudische Königshaus eine existenzielle Bedrohung. Der Erzrivale Iran hat sich als erfolgreich als Schutzmacht der Schiiten etabliert. Über schiitische Milizen kann das Mullah-Regime einige arabische Länder, wie etwa den Libanon oder den Irak, nach Belieben destabilisieren. Auch in Saudi-Arabien lebt eine schiitische Minderheit, die vom Königshaus diskriminiert wird. Eine starke Huthi-Miliz an der Südgrenze wäre für diese Gruppe ein natürlicher Verbündeter.
Darum bildete Saudi-Arabien 2015 eine Koalition gegen die Huthis, der auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) beitraten.

Neueste Entwicklung: Jeder gegen Jeden!

Trotz ihres langen und teuren Militäreinsatzes konnte die saudische Allianz die Huthis aber nicht entscheidend schwächen. Die Emirate verfolgen neuerdings auch noch völlig andere Ziele als die Saudis und unterstützen südjemenitische Separatisten.

Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ und die im Jemen immer noch sehr starke Al Quaida versuchen das Chaos für sich zu nutzen. Dabei kämpfen sie aber vor allem gegeneinander. Und nachdem die Huthis inzwischen sogar Ziele in Saudi-Arabien angreifen, entspannt sich der Hauptkonflikt währenddessen keineswegs.

Die Revolution als Wegbereiter: Jemens Frauen übernehmen Verantwortung!

Lange Zeit waren die Frauen im Jemen auf die Rolle als Ehefrau und Mutter beschränkt. Doch die Revolution von 2011 hat ihnen die Tür zum für den Kampf um ihre Rechte geöffnet. Sie marschierten durch die wichtigsten Städte des Landes und verbrannten aus Protest ihren Makrama, den traditionellen schwarzen Schleier.

In den aktuellen Kriegswirren beweisen die Frauen nun, dass sie nicht nur selbstbewusst sind, wenn die Lage günstig ist. Denn auch mitten im blutigen Bürgerkrieg bleiben sie unbeirrbar bei ihrem Engagement: Mehr als 250 jemenitische Frauenorganisationen übernehmen auch in der dunkelsten Stunde Verantwortung für ihre Heimat. Und sie organisieren sich, um die Welt auf das Leiden ihrer Landsleute aufmerksam zu machen. So entsandten sie auch Rasha Jarhum, Gründerin der Peace Track Initiative, im November 2018 zum UN-Sicherheitsrat.

Unter anderem erreichten die Frauenorganisationen, dass der Sondergesandte der Vereinten Nationen fürden Jemen die “Yemeni Women Technical Advisory Group” gründete, die bei allen Verhandlungen zum Jemen sicherstellen soll, dass die Stimme der jemenitischen Frauen gehört wird und Gewicht hat.

Außerdem erarbeiteten die jemenitischen Frauen auch umfassende Lösungsansätze für Wege aus der Gewaltspirale, die sie nun unter dem Titel “Changes Ahead: Yemeni Women Map the Road to Peace” mit der Unterstützung von WLPF zusammengefasst haben.

von Marie-Jules Mpot Mimbang für IFFF/WILPF