Deutschland muss UN Empfehlungen zum besseren Schutz vor Rassismus umsetzen
Presseerklärung vom 19.4.2013 vom Forum Menschenrechte, Dachorganisation von 50 Menschenrechtsorganisationen, der WILPF angehört
Das Forum Menschenrechte begrüßt die Entscheidung des UN-Antirassismusausschusses CERD (Committee on the Elimination of Racial Discrimination), der Deutschland wegen der Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Volksverhetzung und Beleidigung gegen Thilo Sarrazin gerügt hat.
Der Ausschuss befindet, dass das Internationale Abkommen zur Beseitigung der Rassendiskriminierung (ICERD) vom Vertragsstaat Deutschland nicht wirksam umgesetzt wird. Er fordert, den Schutz vor rassistischen Lehren nicht nur auf dem Papier, sondern durch verstärkte Aufklärung und über Rechtsschutz zu stärken und fordert die Bundesregierung auf, seine Beurteilung breit bekanntzumachen. Darüber hinaus sind Richter- und Staatsanwaltschaften in der Bedeutung und Anwendung des UN Abkommens zu schulen. „Wir sehen den von uns 2008 vorgelegten Parallelbericht zum deutschen Staatenbericht an CERD bestätigt: Dort hatten wir genau das gefordert“, sagte Beate Wagner, Mitglied des Koordinierungskreises des Forums Menschenrechte. „Wir hoffen, dass die Bundesregierung ihre zurückhaltende Position bei der Rassismusbekämpfung überdenkt, noch bevor die Vereinten Nationen am 25. April in Genf zu Deutschlands Menschenrechtspolitik im Rahmen der anstehenden periodischen Überprüfung der Menschenrechtslage noch einmal grundsätzlich Stellung nehmen.“
„Die UN-Antirassismuskonvention ist Teil der Rechtsnormen Deutschlands – es gilt darum, die rechtlich verbindliche ‚Entscheidung des Ausschusses baldmöglichst umzusetzen. Es muss sichergestellt werden, dass diese klare Entscheidung sich handlungsleitend auf Debatten und Rechtspraxis auswirkt. Rassismus ist keine Meinungsäußerung, sondern eine Menschenrechtsverletzung und muss als solche bekämpft werden“, sagte Beate Wagner.
Anlass für diese Prüfung war eine Einzelfallbeschwerde des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB), der den früheren Politiker Thilo Sarrazin aufgrund eines Interviews in der Zeitschrift Lettre 2009 wegen Volksverhetzung und Beleidigung angezeigt hatte. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren jedoch bald ein. Nach dem vergeblichen Ausschöpfen des Rechtsweges innerhalb von Deutschland wandte sich der TBB an die UN, die Deutschland für die Einstellung des Verfahrens rügt. CERD stellte im Rahmen der Prüfung fest, dass die Bevölkerung Deutschlands nicht ausreichend vor rassistischen Äußerungen geschützt wurde. Der Ausschuss stellte weiterhin klar, dass Schutz vor Rassismus nicht nur als Rechtsnorm festgelegt, sondern als Rechtspraxis umgesetzt werden muss. Er fordert eine Stärkung und konsequente Anwendung entsprechender Gesetze. Darüber hinaus muss die Entscheidung des Ausschusses in der Bevölkerung und insbesondere in der Justiz breit bekannt gemacht werden.
Die Entscheidung findet sich unter dem Link: https://www2.ohchr.org/english/bodies/cerd/jurisprudence.htm
Link zur Erklärung des Deutschen Instituts für Menschenrechte