Erdbeben können wir nicht stoppen, aber Kernenergie!!
WILPF Erklärung zur nuklearen Krise in Japan vom 15. März 2011
Die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit IFFF (Women’s International League for Peace and Freedom WILPF) trauert um den Verlust von Menschenleben und die Zerstörung in Japan. WILPF-Frauen aus der ganzen Welt drücken ihre Solidarität mit unseren WILPF-Schwestern und den Menschen in Japan aus. Wir sind besorgt um die vermissten, verwundeten und traumatisierten Menschen, die der Gefahr von Krankheiten und Nachbeben ausgesetzt sind.
Mit der täglich steigenden Freisetzung radioaktiver Strahlung aus den kerntechnischen Anlagen von Fukushima Daiichi vergrößert sich auch unsere Sorge um zukünftige Generationen. Radioaktive Strahlung ist langlebig und wirkt sich auf die kommenden Generationen aus, was die Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki nur zu gut wissen. Es ist eine schreckliche Tragödie, dass die einzige Nation, die zwei Angriffe mit Atomwaffen erleiden musste, heute neuer Strahlenbelastung und Kontamination ausgesetzt ist.
Eine Gruppe von Hibakusha, Überlebende der Atombomben in Japan, die vom japanischen Ministerpräsidenten als „Sonderbotschafter“ ernannt wurden – erklärte jüngst in einer Stellungnahme, dass radioaktive Strahlung – wo auch immer sie herkommt – eine große Bedrohung für Mensch und Umwelt darstellt. Die Gruppe fordert den Abbau jeglicher Quellen radioaktiver Strahlung – wie Uranbergbau, Kernenergie, Atomwaffen, nukleare Forschung, Atomtests und Entsorgung – sowie Investitionen in erneuerbare, saubere Energie für eine nachhaltige Zukunft. WILPF unterstützt diesen Aufruf.
WILPF hat schon immer Atomkraft abgelehnt, weil es der teuerste und gefährlichste Weg ist, um Wasser zu kochen und weil in der Nutzung der Kernenergie die Dauergefahr einer möglichen Katastrophe lauert. Wir wehren uns auch deshalb gegen die Verbreitung ziviler Atomtechnik, weil dadurch viele Staaten die Voraussetzungen erhalten, binnen kurzer Zeit (und evtl. geheim) eigene Atombomben zu entwickeln und waffenfähiges Material zu gewinnen. So können Anreicherungsanlagen einfach umgenutzt werden, um waffenfähiges hoch angereichertes Uran herzustellen, in Wiederaufbereitungsanlagen entstehen Tonnen von reinem Plutonium.
Wir müssen auch der wirtschaftlichen Wahrheit ins Auge blicken. Atomkraft ist nicht billig. Die Atomindustrie hat enorme staatliche Subventionen erhalten, bezahlt durch die Steuerzahler: für die Übernahme von Bau- und Haftpflichtsgarantien sowie für Versicherungen für Entsorgung und Gesundheitskosten. Was die Atomenergie durch die Bereitstellung umfangreicher direkter und indirekter öffentlicher Finanzierung bekommen hat, hätte besser in erneuerbare und saubere Energien investiert werden müssen.
Der Wert der Uran-basierten Wertpapiere ist in Reaktion auf Fukushima um mehr als 1,5 Mrd. USD gesunken. Anti-Atom-Kundgebungen haben überall in Deutschland stattgefunden und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat versprochen, die Reaktoren im Land inspizieren zu lassen und einen Sonderatomgipfel mit anderen europäischen Politikern durchzuführen. Gleichzeitig verhängte sie ein dreimonatiges Moratorium für die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke. In den Vereinigten Staaten fordern Senatoren ein Moratorium für den Bau und die Lizenzierung neuer Atomkraftwerke. Der EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger sagte, Europa müsse erwägen, ob es seinen Energiebedarf ohne Atomkraft decken kann. In der Tat muss die ganze Welt ihren Energiebedarf ohne Kernenergie decken.
WILPF fordert alle Regierungen auf, Pläne für den Bau neuer Kernkraftwerke einzustellen, Uranabbau zu stoppen, Kernenergie in ihrem Energiemix auslaufen zu lassen, und davon abzusehen, Kernkraft als ein Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels darzustellen. Die Regierungen sollten ihre Unterstützung für die Entwicklung von erneuerbaren und kohlenstofffreien Energiequellen sowie zur Energieeinsparung beschleunigen und vergrößern. Sie sollten sich gemeinsam mit der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien für eine rasche Umstellung auf nachhaltige und weltweit verbreitete Nutzung erneuerbarer Energien einsetzen.
Hier ist die Erklärung als PDF abrufbar.