3. Juli 2019

WILPF Deutschland fordert eine Entkriminalisierung der zivilen Seenotrettung, sichere Fluchtwege nach Europa und eine nachhaltige Strategie gegen komplexe Fluchtursachen!

WILPF Deutschland fordert die deutsche Bundesregierung dazu auf, sich sofort für eine Reform der EU-Flüchtlingspolitik einzusetzen, um sichere und menschenwürdige Wege nach Europa zu ermöglichen. Wir fordern einen zuverlässigen Verteilungsmechanismus aller EU-Mitgliedsstaaten und eine menschenwürdige Aufnahme. Viele Kommunen in Europa sind dazu bereit, Menschen bei sich aufzunehmen. Das ist eine Chance, die Deutschland wahrnehmen muss. Gleichzeitig kann es sich im europäischen Kontext nicht entziehen, permanent auf die Einhaltung internationaler Verpflichtungen zu dringen und sie selbst nicht zu erfüllen. Deutschland kann und muss die Initiative ergreifen, auch wenn derzeit nicht alle EU-Staaten mitziehen.

Die Rettung von Menschen auf See ist eine menschen-und seerechtliche Verpflichtung. Die Bedingungen für die Seenotrettung haben sich in den letzten Monaten massiv verschlechtert. Das Sterben im Mittelmeer und auf den Fluchtwegen war nie dramatischer. Die Schließung der europäischen Häfen und die Kriminalisierung der Seenotretter*innen erschweren es, Menschen in Seenot zu retten. Militärisch gestützte Grenzsicherung u.a. durch Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, setzt auf Abschiebung und Rückführung, obwohl sie die Pflicht zur Seenotrettung hat. Staaten, allen voran Italien, unterbinden Seenotrettung aus politischen Gründen und machen sich zu Komplizen eines Verbrechens an der Menschheit. 

Die Seenotrettung obliegt inzwischen fast ausschließlich zivilem Engagement. Menschen, die sich aktiv daran beteiligen, dürfen nicht juristisch verfolgt werden. Ihnen gehört unsere Hochachtung. Dies gilt im aktuellen Fall auch für die Kapitänin Rackete. Rückführung z.B. in das Bürgerkriegsland Libyen ist kein Ausweg, denn dort drohen den Menschen Folter, sexuelle Ausbeutung, Zwangsrekrutierung in terroristische Gruppen, Milizen, Menschenhandel.

Als internationale Frauenfriedensorganisation mit einem über 100-jährigen Engagement für friedliche Konfliktlösung und dem Kampf um Schutz und Rechte von Frauen, geht uns die Situation von Frauen auf der Flucht besonders nah. Die Situation auf der Flucht bezüglich sexualisierter Gewalt – auf den Schiffen, wie auf unsicheren Landwegen – widerspricht der Schutzverpflichtung im Rahmen der Frauen-Frieden-Sicherheitsagenda. Die Unterbringung nach der Ankunft ist alles andere als sicher für Leib und Leben der Frauen. Gerade Aufnahmezentren sind für sie eine ungeheure Belastung und Gefahr. Das sollte auch im Rahmen des NAP 1325 Beachtung finden. 

WILPF Deutschland fordert von der Bundesregierung eine verstärkte Analyse komplexer Fluchtursachen und konsequentes Handeln. Dazu gehören Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ebenso wie die Vermeidung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse, Bekämpfung von Massenarbeitslosigkeit und die Toleranz gegenüber Menschenrechtsverletzungen durch korrupte Machteliten aus „Stabilitätsgründen“.Sicherheit wird nie durch Schließung von Grenzen, Aufrüstung und Militarisierung erreicht, sondern gefährdet. Nur solidarische, langfristige, nachhaltige Lösungsstrategien, an denen alle Menschen unabhängig ihres Geschlechts, ihrer Sexualität oder ihrer Herkunft gleichberechtigt beteiligt sind, können zukünftig dazu führen, dass Menschen nicht gezwungen sind aus ihrer Heimat zu fliehen und langfristig Kriege gestoppt werden.