Wahlprüfsteine für die Bundestagswahl 2017
Die Bundesregierung ist laut Grundgesetz (Art.1;2) auf Frieden, Menschenrechte und gerechtigkeitsorientierte Entwicklung verpflichtet.
Deutschland ist weltweit der fünftgrößte Rüstungs- und der zweitgrößte Kleinwaffenexporteur. Durch die hohe und immer noch steigende Anzahl der Waffenexporte, und der Bundeswehreinsätze, durch die Bedeutung Ramsteins als militärisches Drehkreuz, durch die substantielle Unterstützung der NATO trägt Deutschland nicht zur Sicherheit von Menschen/ Frauen bei, sondern ist mitverantwortlich an Kriegsverbrechen und Fluchtursachen.
Als Frauenfriedensorganisation möchten wir folgende Fragen in den Mittelpunkt stellen:
Erhöhung des Bundeswehretats:
In Deutschland sollen Rüstungsausgaben erhöht werden. Sicherheit wird von Frauen aber so definiert: Nahrung, Wasser, Wohnen, Arbeit, Bildung, Kultur.
Welche Stellung beziehen Sie in der Diskussion um die Erhöhung der „Verteidigungsausgaben“?
Zu Rüstungsexport:
Laut Empfehlungen des CEDAW-Ausschusses (UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau) sowie einer Studie von WILPF (Women’s International League for Peace and Freedom) und dem deutschen Institut für Menschenrechte besteht ein Zusammenhang zwischen Rüstungsexporten (insbesondere Klein-und Leichtwaffen) und Frauenmorden/Gewalt gegen Frauen (z.B. in Mexiko).
Werden Sie sich für eine drastische Reduzierung deutscher Waffenexporte – insbesondere in Drittländer und Krisenregionen – einsetzen? Werden Sie gegen die Lieferung von Kleinwaffen und Munition an Diktaturen und unsichere Staaten stimmen und sich für eine restriktive Kontrolle sogenannter Endverbleibserklärungen einsetzen?
Bewaffnete Drohnen:
Extralegale Hinrichtungen verletzen nationales Recht, Menschenrechte oder humanitäre Gesetze. So bezeichnet Amnesty International den Einsatz von bewaffneten Drohnen als extralegal.
Treten Sie dafür ein, dass die Bundeswehr auch in Zukunft auf die Anschaffung und den Einsatz von bewaffneten Drohnen verzichtet?
Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland:
2010 beschloss der Bundestag den „Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland“. Inzwischen hat sich eine überwältigende Mehrheit der UN-Staaten bereiterklärt, ab März 2017 über ein Verbot von Atomwaffen zu verhandeln.
Setzen Sie sich für einen Abzug aller Nuklearsprengköpfe aus Deutschland ein? Unterstützen Sie die UN-Initiative für eine nuklearwaffenfreie Welt? Sind Sie dafür, dass auch die NATO auf Atomwaffen verzichtet?
Zivile Konfliktlösung und Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen:
Wie wollen Sie dazu beitragen, Maßnahmen der zivilen Konfliktlösung – wie sie im Leitlinienprozess verankert werden – substantiell zu stärken und auch den zivilen Friedensdienst besser auszustatten?
Setzen Sie sich aktiv für die Umsetzung der UN-Resolutionen 1325 ff (Beteiligung von Frauen an allen Konfliktlösungsfällen) im Sinne des aktuellen NAP 2017-2020 (Nationaler Aktionsplan) zum Schutz von Frauen und zu ihrer Beteiligung an Friedenstischen und Konfliktlösungsmechanismen sein? Welchen Stellenwert sehen Sie in einer adäquaten und substantiellen Beteiligung der Zivilgesellschaft, insbesondere Frauengruppen am Prozess der Umsetzung?
Gewalt gegen Frauen, insbesondere geflüchtete Frauen:
Gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder brauchen Schutz und Hilfe, u.a. eine angemessene und verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern, Zufluchtswohnungen, Notrufen und Beratungsstellen. Frauen auf der Flucht werden zu Hause und unterwegs durch Gewalt traumatisiert und sind auch bei uns in vielen Unterkünften nicht sicher davor.
Welchen Stellenwert räumen Sie einem besonderen Schutzbedürfnis von Frauen und Mädchen vor sexualisierter Gewalt auf der Flucht und insbesondere in entsprechenden Unterkünften in Deutschland ein? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie einsetzen, um dem besonderen Schutzbedürfnis von Frauen gerecht zu werden? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Frauen nicht gegen ihren Willen in sogenannte sichere Herkunftsländer abgeschoben werden, in welchen sie erneut unter geschlechtsspezifischer Verfolgung leiden würden?
Frauen- und Mädchenhandel in die Zwangsprostitution:
Kriegerische Auseinandersetzungen und fremde Soldaten erhöhen die Gefahr der sexuellen Ausbeutung von Frauen und Mädchen (z.B. jesidische Frauen). Es ist bekannt, dass auch Angehörige der UN-Schutztruppen in den Frauenhandel verstrickt sind.
Welche Maßnahmen werden Sie unterstützen, um die Frauen und Kinder zu schützen, die insbesondere aus den Flüchtlingslagern in die Zwangsprostitution gehandelt werden.
+++Wahlprüfsteine von YOUNG WILPF BERLIN+++
Bildung geflüchteter Frauen und Mädchen:
Dem klassischen Rollenbild im Herkunfts- und Ankunftsland geschuldet, bleibt es häufig die Aufgabe der Frauen, die Kinderbetreuung zu übernehmen. Das führt dazu, dass sie seltener die Integrations- und Bildungsangebote wahrnehmen können, als der männliche Teil der Geflüchteten. Die mangelnde Einbindung von Kinderbetreuung in staatlich eingerichtete Integrationsangebote führt also dazu, dass Frauen und Mädchen sich langsamer und schlechter integrieren können.
Hinzu kommt, dass für Mädchen und Frauen die Schule häufig der einzige Ort ist, an dem sie mit Einheimischen in Berührung kommen können. Mädchen leiden unter dem Ansatz der Willkommensklassen, in denen sie komplett isoliert von deutschen Schülerinnen und Schülern unterrichtet werden. Sie erhalten so kaum die Möglichkeit ihr Sprachniveau zu verbessern und ein kulturelles Verständnis zu entwickeln.
Werden Sie die Bildungs- und Integrationschancen für geflüchtete Frauen und Mädchen vermehrt fördern?
Bereitstellung des Senats von Fördergeldern für geflüchtete Frauen und Mädchen:
Senat und Bund finanzieren neue Projekte, die keinen Mehrwert schaffen, statt das Geld an bestehende, anerkannte Projekte zu vergeben. Dem folgt engstirnige Projektentwicklung, bei der geflüchtete Frauen als homogene Gruppe angesehen werden. Die tatsächlichen Bedürfnisse der Frauen werden oft nicht berücksichtigt und darunter leiden Frauen, die nicht den Stereotyp der geflüchteten Frauen erfüllen. Dies wirkt sich insbesondere negativ auf Jobsuche und zwischenmenschliche Kontakte aus.
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Gelder für geflüchtete Frauen in Zukunft nachhaltiger vergeben werden?
Die IFFF-Wahlprüfsteine haben Eingang gefunden in die Forderungen des Stadtbundes der Münchner
Frauenverbände und wurden an die Berliner Spitzenkandidat_innen der Parteien Bündnis90 Die Grünen, CDU, SPD, Die Linke, Piratenpartei und AfD versandt. Sobald die Antworten der Kandidat_innen bei uns eingehen, werden sie hier veröffentlicht und in dem Rundbrief der IFFF verbreitet.