WILPF Deutschland verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriff im Hoheitsgebiet des Iraks

Die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit/IFFF (engl. WILPF) verurteilt die gezielte Ermordung des iranischen Generals Soleimani, des irakischen Militärkommandeurs Abu Mahdi al Muhandis und weiterer iranischer und irakischer Militärs durch einen völkerrechtswidrigen Angriff im Hoheitsgebiet des Iraks aufs Schärfste.
WILPF Mitglieder weisen seit der Gründung der Organisation vor über 100 Jahren darauf hin, dass die Ursachen für Krieg und Gewalt bekämpft werden müssen und dass nachhaltiger Frieden nur durch Diplomatie und den Verzicht auf Gewalt erreicht werden kann. Aus dieser Überzeugung heraus fordern wir dringend eine weltweite Abrüstung.
Der Angriff durch eine Drohne des US-Militärs, bei dem aller Wahrscheinlichkeit nach der US-Stützpunkt Ramstein auf deutschem Boden eine Rolle spielte, hat die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten eskalieren lassen. Er kann auch Auswirkungen auf den laufenden Friedens- und Versöhnungsprozess in Afghanistan haben und den internationalen Konsens bezüglich Friedensanstrengungen in Süd-und Zentralasien bei den vorhandenen Spannungen zwischen Indien-Pakistan-China und Nordkorea aufkündigen. Er verstärkt vorhandene Hass- und Rachegefühle in großen Teilen der Bevölkerung der ganzen Region, die auch propagandistisch geschürt werden. So dreht sich die Spirale der Gewalt weiter und insbesondere die Zivilbevölkerung leidet unter der kontinuierlichen Bedrohung und latenten Kriegsgefahr.
Der Irak ist ein Pulverfass, nachdem die USA, aber auch die NATO und alliierte Streitkräfte seit Jahren in aggressiver und hegemonialer Weise eingreifen, um (dort) Rohstoffe zu „sichern“, sich geostrategische Vorteile zu verschaffen und als Weltpolizei aufzutreten. Die Zentralregierung im Irak ist schwach und muss in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden, um bessere Lebensbedingungen für alle Iraker*innen zu schaffen. Die aktuellen Proteste junger Iraker*innen aller ethnischer Minderheiten für bessere Lebensbedingungen im Irak und mehr Perspektiven waren eine erfreuliche Entwicklung, die nun wieder zurückgedrängt wird.
Der Iran ist nach Kündigung des Atomabkommens international in einer schwierigen Lage, vor allem die Bevölkerung ist von Lebensmittelknappheit und Unsicherheit, – zum Teil durch die Sanktionen ausgelöst – stark belastet. Die Perspektivlosigkeit der Jugend führte auch hier zu Protesten, auf die die Regierung repressiv reagierte. Frauenproteste gegen patriarchale Strukturen und insgesamt Aktionen einer engagierten Zivilgesellschaft, die sich im Kampf gegen alte Korruptionsstrukturen und Fundamentalismen in der gesamten Region – derzeit z.B. auch im Libanon – aufmachen, neue Wege zu beschreiten in Richtung einer friedlichen und demokratischen Entwicklung laufen Gefahr, im Keim erstickt zu werden. Die Großmächte erhöhen die Kriegsgefahr für die ganze Welt.
Wir kritisieren scharf, dass die NATO in einer komplexen Gefährdungslage das transatlantische Bündnis zu einseitig beschwört. Die EU beschwichtigt, anstatt deutlich Position zu beziehen. Wir fordern alle politischen Entscheidungsträger*innen der EU daher nachdrücklich auf, eine klare Haltung gegen die illegale Tötung zu zeigen und mit einem Stopp der Waffenlieferungen in die Region jegliche Unterstützung für drohende Kriegshandlungen zu entziehen.
Ferner appellieren wir an Regierungen und Institutionen alles zu tun, um unverzüglich die Spirale der militärischen Eskalation zu stoppen und noch stärker in Diplomatie sowie in aktive und ehrliche Friedensstrategien zu investieren. Als internationale Frauenfriedensorganisation betonen wir, dass nachhaltiger Friede nur mit Frauen möglich ist. Gerade im Irak, im Iran, in der gesamten MENA-Region, in den USA und auf der ganzen Welt verfügen Frauen über ein großes Wissen über Verhandlungsstrategien und inklusive Dialogverfahren. Ihre Erfahrungen als Friedensaktivistinnen und Menschenrechtsverteidigerinnen vor Ort und im Umgehen mit Extremismus ist in Friedensverhandlungen eine unbestreitbare und wertvolle Kompetenz. Sie müssen gleichberechtigt in Verhandlungen einbezogen werden im Sinne der Frauen-Frieden- Sicherheitsagenda. Gremien, die Friedensverhandlungen führen, müssen geschlechterparitätisch besetzt werden.
Situation in Deutschland
Gemeinsam mit der Friedensbewegung in Deutschland verurteilen wir die logistische Zusammenarbeit der US-Basis im deutschen Ramstein für Drohnenangriffe und Militäreinsätze vorwiegend in Afrika und im Nahen Osten. Wir sind entschieden gegen die geplante Erweiterung dieses bereits größten US-Militärflughafens außerhalb der USA und die geplante zusätzliche Finanzierung einer Militärschule und eines Militärkrankenhauses für mehr als 500 Millionen Euro in der Nähe (SWR, Spiegel, IMI u.a.). Wir fordern die deutsche Regierung auf, Verhandlungen mit den USA aufzunehmen, um die Erweiterung zu stoppen. Ramstein darf nicht Drehscheibe des Drohnenkriegs sein.
Wir sind uns mit der Friedensbewegung einig, dass die Strategie der Abschreckung, insbesondere mit Massenvernichtungswaffen endgültig beendet werden muss. Deshalb fordern wir alle politischen Entscheidungsträger in Deutschland auf, die Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrag zügig nun voranzutreiben.
Move the Money from war to Peace!
Berlin und München, den 14.01.2020 – Heidi Meinzolt, WILPF International Board, im Namen und in Zusammenarbeit mit der deutschen Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit