Preisträgerin 2017: Zaina Erhaim aus Syrien

Zaina Erhaim erhielt den Rebellinnen gegen den Krieg – Anita Augspurg Preis 2017 der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit. Der Preis ist mit 5.718 Euro dotiert und die Preissumme wird über Spenden erbracht.

Zaina Erhaim ist eine syrische Journalistin und Filmemacherin, die immer wieder die Kriegsrealität in ihrem Land thematisiert. Sie wurde in Idlib, Syrien, geboren. In ihrer Arbeit legt sie den Fokus darauf, Frauen auf lokaler und regionaler Ebene zu Wort kommen zu lassen. Gezielt schult sie Frauen, um diese zu befähigen, über das grausame Kriegsgeschehen aus ihrem eigenen Erleben zu berichten. Damit ermöglicht sie es den Frauen, ihre Kritik am Krieg zu äußern und für eine politische Lösung des Konflikts einzutreten. Die Alltagsrealität der Frauen vor Ort ist eine der wenigen genuinen Nachrichtenquellen aus dem syrischen Bürgerkrieg. Die Kriegslast, die Frauen zu tragen haben, bekommt durch Zainas Arbeit Gesicht und Stimme.

Gerade im Jahr 2017, in dem es immer noch keine signifikanten Fortschritte bei den Friedensverhandlungen in Genf gibt, gleichzeitig aber endlich ein verstärktes, öffentliches Nachdenken über die Transformationszeit von der Kriegs- zur Nachkriegszeit in Gang kommt, verleiht die IFFF den Preis an Zaina und setzt damit ein deutliches Signal für die Notwendigkeit der Beteiligung von Frauen an den Friedensverhandlungen.

Preisverleihung

Preisübergabe
Zaina Erhaim mit Irmgard Hofer, ehemalige IFFF-Vorsitzende

Laudatio Barbara Lochbihler DE / EN

Die Preisverleihung fand 2017 an Anita Augspurgs 160. Geburtstag statt; und so fanden lokales und internationales „Politisches“ zusammen, denn die Preisträgerin Zaina Erheim, führt in gewisser Weise Augspurgs Überzeugung gegen Krieg und Gewalt in der Gegenwart fort. Barbara Lochbihler hat in ihrer Laudatio die Brücke formuliert: „Die Bereitschaft sich über gesellschaftliche Konventionen hinwegzusetzen, das Bewusstsein, dass Frauen zentrale Akteure gegen Repression, Gewalt und Krieg sind und den Mut und ihre Unabhängigkeit in ihrem politischen Handeln“.

Zaina Erheim gibt Frauen im Syrienkrieg eine Stimme. Ihre Präsenz, ihre künstlerische Kreativität, verbunden mit dem trotzigen Mut einer Frau, die gegen Konventionen ankämpft und weiß was sie will. Das kommt in persönlichen Gesprächen, insbesondere aber in ihren Filmen, überzeugend zum Ausdruck. Sie dokumentiert, was Frauen (der Weltöffentlichkeit) zu sagen haben, ihre unterschiedliche Sichtweisen auf den Krieg, ihr Leiden, die menschlichen Verluste und macht weibliche Überlebensstrategien transparent. Zaina hat die Frauen in ihrem Umfeld immer wieder getroffen, sie ausgebildet und gestärkt und dem vorherrschenden Patriarchat in der traditionellen Gesellschaft etwas entgegengesetzt.

Weitere Begegnungen


Im Anschluss an die Preisverleihung ging das abwechslungsreiche Programm weiter. Zusammen mit der Nahostexpertin Dagmar Ihlau von AMICA wurde sich mit den geopolitischen Konstellationen um den Krieg in Syrien näher befasst. Das Gespräch mit zwei Expertinnen aus Syrien aus zwei unterschiedlichen Generationen und Erfahrungshorizonten ergänzte dies. Beide leben inzwischen in Deutschland im Exil. Joumana Seif, die Menschenrechtsanwältin, hat ihren Glauben an eine demokratische Zukunft in ihrer Heimat seit dem Arabischen Frühling nicht aufgegeben und bleibt eine scharfe Kritikerin des Assad-Regimes. Sie setzt sich juristisch und politisch für Frauen in Syrien ein, lässt Kontakte nicht abreißen und ist in diversen internationalen Verhandlungsformaten in Genf aktiv. Mariana Kharkoutly ist Studentin und engagiert sich in der Flüchtlingsarbeit in Berlin – insbesondere mit geflüchteten Frauen. Sie leistet wertvolle Integrationsarbeit und politische Aufklärung.

Schließlich diskutierten junge Frauen über ihre Hoffnungen und ihr Engagement gegen Krieg und Gewalt. Sie kamen mit Unterstützung des BMFSFJ aus Konfliktregionen, lokalen und internationalen Organisationen, um sich auszutauschen und gemeinsam Perspektiven zu entwickeln. Unter der Leitung von Marieke Eilers ging es um ein breites Themenspektrum: die Umsetzung der UNR1325, Feminismus, Empowerment, Militarisierung, Abrüstung, Recht auf Abtreibung, Meinungsfreiheit, Bildung und Wege aus patriarchaler Unterdrückung. Sie kamen aus Polen, Kosovo, Schweiz, Deutschland, England, Dänemark, Finnland, Tunesien, Ukraine und Georgien. Ihre Lebensumstände sind verschieden, ihre Träume und Perspektiven vergleichbar. Sie leben in und mit Konflikten. Sie griffen die Gedanken der „Vormütter“ interessiert auf und denken sie weiter. 

Die Veranstaltung hat der Aktualität und der Nachhaltigkeit in der Friedens- und Konfliktarbeit von Frauen im Bereich der Umsetzung der UN-Resolution 1325 und der dazugehörigen WPS-Agenda deutlich Rechnung getragen.

Das Rahmenprogramm wurde gefördert vom:
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)